Der Hessische Landtag hat heute über die Regierungserklärung von Sozialminister Kai Klose (Grüne) zur Covid-19-Pandemie debattiert. Die Vorsitzende der SPD-Fraktion, Nancy Faeser, forderte dabei eine bessere Beteiligung des Parlaments ein. Faeser sagte: „Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier sind die Impulsgeber, um auch Korrekturen auf dem Weg aus der Krise vornehmen zu können. Aber diese Impulse müssen dann auch von einer Landesregierung ernst genommen werden.“ Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass in der Krise die von einer wachsamen Opposition vorgebrachte Kritik an den Regierenden unangebracht sei. „Auch und gerade in der Krise muss gelten: Das Herz der hessischen Demokratie schlägt im Hessischen Landtag. Deswegen unterstützen wir die Landesregierung, wo immer es geboten ist – und wir kritisieren sie und treiben sie an, wo immer sie falsch, zu spät oder gar nicht handelt. Und bei allem Respekt vor Ihren Bemühungen: Es gibt auch in dieser Krise genug Anlass zu Kritik“, stellte Faeser im Plenum fest.
Die Regierungserklärung des Ministers sei enttäuschend gewesen, so die Oppositionsführerin, denn es sei ihm nicht gelungen, ein schlüssiges Gesamtkonzept zur Bewältigung der Krise und ihrer sozialen und wirtschaftlichen Folgen darzustellen.
„Es reicht nicht aus, immer nur nachzuvollziehen, was die Kanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder verabredet hat. Die Menschen in Hessen haben ein Recht darauf, von der Regierung einen Plan, eine Idee und eine Perspektive zu bekommen – für sich persönlich, aber auch für Hessen insgesamt. Wie geht es weiter? Was kommt danach? Was ist die Strategie für die kommenden Wochen und Monate? Nichts davon hat der Gesundheitsminister, hat die Landesregierung im Angebot“, so Nancy Faeser.
Schwarzgrün verliere sich in einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen, die zudem in Teilen schlecht kommuniziert und den Betroffenen nicht ausreichend erklärt würden. Faeser sagte: „Was sollen denn Eltern und Lehrer beispielsweise damit anfangen, wenn sie aus den Medien erfahren müssen, dass die Klassen 1 bis 3 in den Grundschulen wahrscheinlich ab Juni wieder Unterricht haben werden? Wie sieht dieser Unterricht aus, wie wird er organisiert, welche Handreichungen bekommen die Schulen?“ Auch für die Wiederaufnahme der Betreuung in Kindergärten, Krippen und Tagesstätten gebe es in Hessen keinerlei Konzeption. Faeser sagte: „In den Telefonkonferenzen mit dem Bund legt der hessische Sozialminister den allergrößten Wert darauf, dass der Kitabereich Ländersache sei und sich der Bund bitte raushalten solle. Aber dann macht dieser hessische Sozialminister bei den Kitas wochenlang gar nichts. Und schließlich fordern seine grünen Parteifreunde auf der Bundesebene ein Konzept zur Wiedereröffnung der Kitas – und zwar ausgerechnet von der Bundesfamilienministerin, der der hessische Sozialminister vorher erklärt hat, dass sie sich gefälligst raushalten soll. Wer so mit seiner Verantwortung umgeht, der beweist nur, dass er mit Verantwortung nicht umgehen kann.“
In anderen Bundesländern gingen die Landregierungen in wichtigen Fragen deutlich planvoller vor, zum Beispiel bei den Virustests für das Personal in Alten- und Pflegeheimen. Es sei unverständlich, dass der hessische Gesundheitsminister flächendeckende Tests für diese Berufsgruppen so lange kategorisch abgelehnt habe, obwohl die erforderlichen Kapazitäten vorhanden seien. „Was war der Grund dafür, dass Sie diese Reihentests und damit einen besseren Infektionsschutz für Ärzte, Pflegekräfte und auch die Patienten so lange verweigert haben, während zum Beispiel das Saarland, Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg landesweit die Heime testen lassen?“, fragte Nancy Faeser.
Die SPD-Chefin erneuerte die Forderung ihrer Fraktion, den Pflegekräfte schnell und ohne bürokratische Hürden einen Landesbonus auszuzahlen: „Die Pflegerinnen und Pfleger verdienen mehr als warme Worte. Sie verdienen dauerhaft bessere Arbeitsbedingungen und eine bessere Bezahlung“, so Faeser.
Es scheine bedauerlicherweise eine Konstante von Krisen zu sein, dass manche sie für ihre Zwecke nutzen wollten. Fernab von allgemeinen moralischen Maßstäben oder dem gesunden Menschenverstand würden Forderungen aufgestellt, die nicht nachvollziehbar seien, kritisierte Nancy Faeser: „Wenn große Konzerne, die um öffentliche Hilfe nachfragen, auf der anderen Seite Dividenden oder Boni in Milliardenhöhe ausschütten wollen, dann ist das nicht akzeptabel, es ist empörend.“
Bei sehr großen Staatshilfen sei es auch angemessen, dass sich die öffentliche Hand an den Unternehmen beteilige. Staatsgeld ohne Mitsprache – das wünschten sich manche Manager in der aktuellen Krise. „Für uns Sozialdemokraten ist das im Sinne der Steuerzahler aber ausgeschlossen“, stellte Faeser fest.
Um die Krise zu überstehen, brauchten die Gesellschaft, die Wirtschaft und die Politik einen klaren Kompass, sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende: „Dabei müssen die Menschen im Mittelpunkt stehen. Wir brauchen eine gerechte Verteilung der staatlichen Unterstützung. Und wir dürfen vor allem die Schwächsten in dieser Gesellschaft nicht vergessen. Die SPD und ihre Fraktion im Hessischen Landtag sind sich ihrer Verantwortung in dieser Zeit bewusst. Wir sind kritisch. Wir sind konstruktiv. Und wir leisten unseren Beitrag, um unser Land sicher durch diese Krise zu führen.“