von Pascal Kempf
Juhu, wir haben ein Wahlprogramm. Und mit wir meine ich nicht die SPD Grävenwiesbach, auch wenn die auch eines hat. Nein, ich meine natürlich unsere Bundes-SPD, die alte Dame der Demokratie in diesem Land. Es nennt sich Zukunftsprogramm, und wer es nicht kennt, kann es hier finden. Mit seinen 64 Seiten ist es natürlich gerade so groß, dass viele sagen werden „Neee das lese ich nicht das ist mir zu lang“. Aber darum soll es gerade nicht einmal gehen. Ich persönlich finde 64 Seiten nicht zu lang, hätte mir aber auch gewünscht, man hätte vielleicht so etwas wie eine kurze Zusammenfassung an den Anfang gelegt.
Mit diesem Programm ist die SPD wieder mal die erste Partei, die für die kommende Bundestagswahl etwas auf den Tisch legt. Mit Olaf Scholz waren wir die ersten, die einen Kandidaten genannt haben. Jetzt sind wir es, die das erste Wahlprogramm auf den Tisch legen. Nun kann jeder Bürger frühzeitig sehen, für was die SPD in den kommenden Jahren steht, was unsere Ziele sind, wo wir Deutschland sehen. Und ohne tief in das Programm zu gehen, kann ich sagen: Das lässt sich sehen. Was aber viel wichtiger ist… es ist dringend nötig.
16 Jahre Angela Merkel hatten auf das Land am Ende den gleichen Effekt wie die Jahre unter Helmut Kohl. Wichtige Reformen fanden nicht, oder nur stark verwässert, statt (Stichwort Kohleausstieg und Klimaschutz). In anderen Bereichen ist eigentlich nichts passiert, da man es der Wirtschaft überlassen hat, selbst aktiv zu werden (Breitbandausbau). Und dort wo man selbst aktiv werden musste, sieht es ganz düster aus. Wer sich davon überzeugen will, sollte einfach mal eine Schule betreten. Man würde schnell merken, dass es dort im Kern noch genauso aussieht wie zur eigenen Schulzeit. Meine ist jetzt über 15 Jahre her, als ich vor Corona mein altes Gymnasium besucht habe, sahen dort die meisten Schulräume noch genauso aus wie zu meiner Schulzeit. Nur im neuen IT-Trakt gab es moderne Technik, ansonsten klassische Tafeln, teilweise noch immer die alten Stühle und Tische… Auf ein Schulklo habe ich mich nicht getraut. Und natürlich, Schule ist Ländersache. Aber wenn man den Schulen auch von Bundesseite her nicht genügend Gelder zur Verfügung stellt können das die Länder auch niemals auffangen.
Jetzt könnte man aber sagen: Hey, aber DEINE SPD war doch die meiste Zeit der 16 Jahre unter Merkel ebenfalls Teil der Regierung. Das ist richtig, ändert aber an meiner Aussage nichts. Denn ohne die SPD sähe es ja noch düsterer aus. Dazu müssen wir ja nur mal auf die letzten 4 Jahre blicken und uns die aktuelle Legislatur ansehen. Wem gehört denn aktuell welches Ministerium? Ich bin mal so frei, denn viele wissen es ja nicht:
Die SPD hat die Ministerien für Finanzen, des Auswärtigen, Justiz- und Verbraucherschutz, Arbeit und Soziales, Familie und Umwelt. Die Union besetzt ihrerseits die Ministerien für Wirtschaft, Inneres, Verkehr, Landwirtschaft, Verteidigung, Gesundheit, Bildung, Entwicklung. Ich habe die Ministerien der Einfachheit halber mal so genannt, eigentlich gehört da mehr dazu.
Wenn es manchen jetzt geht wie vielen, die ich kenne, wundert mich es nicht. Dass die SPD solche Ministerien hat, geht teilweise unter, bei der Union ist das fast jedem bekannt. Woran das liegen mag? Manch ein fleißiger Wähler der Union würde sagen, daran, dass die Union halt wenigstens ihren Job macht. Jeder andere würde nach etwas Nachdenken darauf kommen, dass die Ministerien der Union einfach ständig in den Nachrichten sind. Und im Regelfall deswegen, weil etwas nicht gut läuft, irgendwelche Skandale aufgedeckt werden oder es sonstige negative Gründe gibt.
- Über Andreas Scheuer möchte ich nicht viel Worte verlieren. Ich denke, da wurde genug gesagt und geschrieben, und jeder kennt das Chaos, was er (und seine CSU-Vorgänger) im Verkehrsministerium verursacht haben. Und ja, es ist dieses Ministerium, das eigentlich auch den digitalen Ausbau regeln soll.
- Jens Spahn machte am Anfang der Corona Krise eine gute Figur, fiel davor auch mir persönlich positiv auf. Aber das krachte im letzten Jahr alles ein wie ein Kartenhaus zusammen. Es wurde klar, dass auch er viel heiße Luft produziert und viele Fehler gemacht hatte. Fehler, die am Ende auch der Steuerzahler ausbaden darf.
- Im Bereich Umwelt ist bis auf einen halbherzigen Kohleausstieg nicht viel passiert. Dort wundere ich mich immer noch, wieso man den Energiekonzernen noch viel Geld dafür zahlt, dass sie die Kohlekraftwerke fristgemäß abschalten.
- Julia Glöckner definiert das Landwirtschaftsministerium neu als Lobbyministerium für die großen Lebensmittelerzeuger, allen voran Nestlé. Viel mehr kann ich dazu nicht sagen…
- Peter Altmaier hilft in der Coronakrise vor allem den großen Betrieben, die Hilfen für die kleinen Einzelhändler kommen nicht oder nur spät an, aber die sind ja auch nicht so wichtig. Wozu brauche ich noch den kleinen Blumenhändler im Ort, wenn doch die großen Handelsketten ebenfalls Blumen verkaufen dürfen? Das einzige Gute an Altmaier für mich ist die Tatsache, dass er genauso wie ich aus dem Saarland stammt, das verbindet irgendwie.
- Noch so eine Saarländerin wäre AKK, die mir am liebsten war als Putzfrau Gretel während Fasching (eine Rolle die sie im Fasching immer auf Büttenreden einnahm). Statt dessen versucht sie, das Chaos aufzuräumen, dass ihre Vorgänger im Verteidigungsministerium hinterlassen haben, gelingt ihr allerdings nicht. Die Putzfrau wollte wohl vieles unter einen Teppich kehren und hoffen, niemand sieht es.
Das waren jetzt einige Beispiele und ich will auch nicht sagen, dass in den SPD-geführten Ministerien alles gut und super ist. Gerade unser Kanzlerkandidat wirkte manchmal etwas blass. Aus dem Familienministerium hab ich in den letzten 4 Jahren eher weniger gehört. Dort passierte dann aber doch mehr als ich dachte, anscheinend eher in leisen Tönen. Der einzige SPD-Minister, der neben Olaf Scholz im Vordergrund steht, ist Heiko Maas (noch so ein Saarländer), aber als Außenminister macht man das automatisch.
Ich denke, die SPD ist für die Zukunft gut aufgestellt. Wir lösen uns nun endgültig von den Zeiten Schröders. Die Richtung geht wieder mehr hin zum linken Profil, anstatt sich mehr der FDP und Union anzunähern. Und wenn ich mir unsere jüngeren Politiker ansehe (also alle in meinem Alter), sehe ich da eine Menge Potential. Trotz allem wird am Ende die Union wieder als Sieger aus der Wahl gehen, vermutlich danach mit den Grünen eine Regierung bilden. Das liegt nicht daran dass die CDU/CSU so eine gute Politik gemacht hat, sondern eher daran, dass viele Deutschen lieber keinen Wechsel wollen. Eine Tatsache, die Angela Merkel und einst Helmut Kohl erkannt hatten. Und auch der Grund warum dieses Land in so vielen Bereichen so weit hinterher hinkt.
Wer also laut schreit, weil mal wieder das Internet so langsam ist, das Klima weiterhin ein Problem, unser Sozialsystem altbacken, unsere Schule auf dem Stand der 80er, unsere Behörden so langsam… Ja wer so laut schreit, darf keine CDU/CSU wählen. Denn mit denen wird sich nichts ändern. Und da Die Grünen sich gerade massiv bei der Union anbiedern – diese eigentlich auch nicht.
Wer Zukunft möchte, muss die SPD wählen. Denn wir haben in 64 Seiten gezeigt, dass wir Zukunft können und wollen.
P.S: Ich finde es faszinierend, dass wir 3 Saarländer in der Regierung haben. Dabei macht das kleine Saarland kein Prozent der Bevölkerung aus. Und auch wenn mir 2/3 davon nicht zusagen, macht mich das ein wenig stolz auf meine kleine Heimat.